“Ach Ulrike, du bist aber auch empfindlich. Stell dich bitte nicht so an”. Wer kennt sie nicht – diese Sätze aus der eigenen Kindheit? Es sind Worte, die sich auf unsere Festplatte einbrennen. Als Kind denken wir, dass etwas mit uns nicht stimmt. Und im Handumdrehen ist der Samen unseres Glaubenssatzes gepflanzt: “Ich scheine anders zu sein. So wie ich bin, bin ich nicht richtig”. Das perfide ist, dass wir meisterhaft darin sind, dieses Samenkorn zu gießen. Weil wir glauben, dass das wahr ist, was wir hören. Sodass aus dem zarten Gedanken-Pflänzchen im Laufe der Jahre ein stattlicher Baum heranwächst.
Manche Glaubenssätze erwischen uns hinterrücks und ziehen uns in kleine Untiefen. Denn Prozessarbeit ist ein Weg. Es gibt keine Abkürzung. Ich bin immer wieder aufs Neue verblüfft, wenn ich hinfalle und mir die Knie aufschlage. Es braucht dann einen Moment, bis ich mich vom Schock des Sturzes erholt und mich neu ausgerichtet habe. Dann frage mich: “Was will mir das Leben eigentlich sagen? Was darf ich hier lernen?”
All unsere Erfahrungen führen uns mehr und mehr zu unserem wahren Selbst. Und wir begreifen, wer wir als Wesen wirklich sind. Heute stehe ich zu meinem zarten, verletzlichen Anteil. Das war nicht immer so. Lange dachte ich “nur die Harten kommen in den Garten”. Mittlerweile bin ich in der Lage zu sagen. “Ja, ich bin ein sehr empfindsamer Mensch.” Und wie gut. Weil ich damit meinem Gegenüber die Erlaubnis gebe, sich ebenfalls berührbar zu zeigen – in friedlicher Nähe mit sich selbst.
Wenn wir es schaffen, eine Zwiebelschicht nach der anderen abzustreifen, dann dringen wir mehr und mehr zu unserem wahren Kern durch. Und die Schönheit und Andersartigkeit unseres Herzens wird sichtbar. In jedem Einzelnen von uns.