Edith Piaf hat einmal gesagt: „Das Leben ist wundervoll. Es gibt Augenblicke, da möchte man sterben. Aber dann geschieht etwas Neues, und man glaubt, man sei im Himmel.“ Ich kenne diese Momente – das Auf und Ab, in denen sich Schwarz und Weiß die Hand reichen. Über Jahrzehnte hing mein Wohlbefinden unbewusst vom Verhalten meines Umfelds ab – eine Abhängigkeit, die ich nicht kontrollieren konnte.
Dieses Abhängigkeitsgefühl entsteht, weil ich als Kind ein Anpassungsmuster entwickle. Mir wird schnell bewusst, dass Liebe in meiner Familie an Bedingungen geknüpft ist und dass ich sie mir verdienen muss – durch Leistung, Rücksichtnahme und Fürsorge. Das ist praktisch – für meine Familie und Freunde sowie für meinen Ehemann. Mein gesamtes System ist darauf programmiert, keine Irritationen zu erzeugen. Mit dem Ergebnis, dass ich wie eine Flipperkugel fremdbestimmt bin und meine eigenen Gefühle und Bedürfnisse verdränge – bis eines Tages die Wut hochkommt und mich befreit.
Erst nach meiner Trennung kommt der erste Muster-Shift. Ich bin zu leer und kraftlos, um People Pleaser zu sein, sodass sich die ersten Menschen von mir distanzieren – statt mich aufzufangen. Das stürzt mich in tiefe Selbstzweifel. Ich arbeite weiter an meinen Themen, leuchte meine dunklen Ecken aus und fange an, mich selbst zu regulieren – bis mein System sukzessive aufhört, Bindung mit Schmerz zu verwechseln.
Der zweite Shift kommt kurz nach dem Tod meines Bruders. Gleich zwei langjährige Freundschaften gehen in die Brüche. Ich scheine mich von einem Überlebens-Selbst in ein Lebens-Selbst zu bewegen. Auf Kosten alter Bindungen, die sich auf ein Selbst beziehen, das nicht mehr existiert.
Diesen Sommer hat sich wieder eine langjährige Freundschaft entzweit. Und ja, das tut weh. Aber der Verlust ist keine Bedrohung mehr für mich. Er ist mein Lehrer. Die Energie, die früher nach außen ging, hole ich heute nach innen.
Das ist lebendige Integrität für mich. Wenn Licht und Schatten sich ergänzen.