Es ist Freitagmorgen und in 24 Stunden befinde ich mich auf israelischem Boden. Schon seit einer Woche bin ich im Glückshormon-Rausch. Ich lächle den ganzen Tag vor mich hin und grinse wie ein Honigkuchenpferd.
Wie wird es wohl sein, wenn ich am 29. Juni – nach knapp 9 Monaten – nach Tel Aviv zurückkehre, das ich einen Tag nach Kriegsbeginn mit wehenden Fahnen verlassen habe?
Meine Flucht am 8. Oktober war Angst getrieben. Es gab keinen Abschied – weder von Tel Aviv noch von meinen Freunden. Deshalb knüpfe ich ganz sachte an das Erlebte an. Die Raketenangriffe habe ich erstaunlich gut weggesteckt. Aber die Nacht im Bunker hat mich geschreddert (hier noch mal der Link zum Artikel), weil sich ein transgenerationales Kriegstraumata meines Vaters in den Vordergrund geschoben hat. Glücklicherweise konnte ich das nach meiner Rückkehr mit meiner Trauma-Therapeutin bearbeiten.
Ich wohne auch dieses Mal wieder in einem alten Haus, das kein “Mamad” hat – also keinen separaten Schutzraum. Falls es einen Raketenalarm gibt, habe ich 90 Sekunden Zeit, um mich in Sicherheit zu bringen. Zu wenig, um in einen der Bunker zu flüchten, die über Tel Aviv großflächig verteilt sind. Deshalb verhalte ich mich so, wie andere Israelis, die kein Mamad haben: Im Treppenhaus verweilen, bis der Angriff vorüber ist.
Ob ich Angst habe?
Seltsamerweise nein. Ich weiß, was im Ernstfall zu tun ist und bin Realistin genug, um zu begreifen, dass es hier jederzeit wieder zu Raketenangriffen kommen kann! Es bleibt also eine bittersüße Freude, an meinen Kraftort zurückzukehren und meine Freunde endlich wiederzusehen. Während ich gleichzeitig gedanklich bei den 120 Geiseln bin, die seit über 260 Tagen in der Gewalt der Hamas sind.
Ich werde meinen Aufenthalt trotz der Schwere, die über diesem Land liegt, genießen. Es geht darum, den Schmerz der anderen auszuhalten, ohne sich selbst darin zu verlieren. Und während ich das schreibe, merke ich, wie sich ein Wärme in mir ausbreitet.
Da sind sie wieder – die Glückshormone.