ICH BIN HIER, UND ALLES IST JETZT.

Jerusalem! Mein erstes Ziel an diesem sonnigen Juli-Morgen ist der Ölberg, mit Blick auf den Felsendom und den 3000 Jahre alten jüdischen Friedhof. Seit einer Stunde sitze ich hier und genieße das Panorama – und die Stille in mir. Ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Es klingt fast kitschig, wenn ich sage: “Ich fühle mich mit allem und allen tief verbunden. Ich bin hier, und alles ist jetzt.”

Im Anschluss an diesen ungewöhnlichen Start in meinen Geburtstag mache ich mich auf den Weg in Richtung Felsendom. Im Bus erlebe ich, wie ein ultraorthodoxer Mann den Platz wechselt, als ich mich in seine Nähe setzen will. 

Die Energie in der Altstadt Jerusalems ist hitzig. Überall Militär. Um über die Mughrabi-Brücke zum Tempelberg-Plateau zu gelangen, muss ich an der Klagemauer vorbei durch zwei Sicherheitsschleusen. Oben angekommen, werde ich von Muslimen angepöbelt. Ich möge mir was überziehen – obwohl meine Schultern bedeckt sind. Ich spüre eine explosive Stimmung. Als ich vor der Al-Aqsa Moschee stehe und ein wenig näher in Richtung Eingang vorrücke, gestikuliert ein Mann nahezu aggressiv in meine Richtung, um mich fernzuhalten. Auch hier bin ich als “Nicht-Gläubige” unerwünscht.

Zurück in Tel Aviv, wo primär liberal-gläubige Israelis leben, fühle ich mich mehr unter Gleichgesinnten. Und trotzdem leben die Menschen hier in einem ewigen Konfliktherd, der nicht zu enden scheint. Gerade letzte Woche sind wieder Raketen auf Israel abgefeuert worden. In mehreren Städten bis zum südlichen Rand von Tel Aviv waren Sirenen zu hören. Wie schaffen es die Israelis trotz der permanenten Gefahr, so ein freud- und genussvolles Leben zu leben? Als ich einen Freund, der mir wichtig ist, frage, ob es ihm und seiner Familie nach dem Angriff gut geht, schreibt er: Yes, the situation is unpleasant but we are used to it and try to enjoy life as much as possible.

Dieses Land und diese Menschen ziehen mich in ihren Bann. Ich habe keine Ahnung, was das Leben gerade mit mir vorhat und wohin es mich führt. Antoine de Saint-Exupéry sagt: „Das, worauf es im Leben ankommt, können wir nicht vorausberechnen. Die schönste Freude erlebt man immer da, wo man sie am wenigsten erwartet.“

Ani Ohev et Israel.



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