Kennt ihr das, wenn das Leben euch absorbiert und ihr wie eine Flipperkugel nur noch “re-agiert”? So ging es mir in den letzten Wochen. Meine Zündschnur wurde immer kürzer und mein Atem immer flacher. An einem Freitagabend, als ich besonders unglücklich über meinen Zustand bin und freudlos bei facebook herumlungere, ploppt plötzlich ein Video eines Lehrers auf, der einmal im Jahr ein Stille-Retreat veranstaltet und aufgrund der besonderen Umstände das Retreat nun online anbietet. Mir ist sofort klar, dass ich an dieser viertägigen Schulung in Meditation & Achtsamkeit teilnehme. Mit, wie sich herausstellt, über 700 Gleichgesinnten, die sich 4x am Tag treffen, um gemeinsam zu meditieren, Yoga zu praktizieren, Achtsamkeit zu trainieren und den Worten des Lehrers zu lauschen.
Ich habe 10 Tage Zeit, um mich auf diese Auszeit vorzubereiten, und informiere meinen Freundeskreis sowie meine Familie, dass ich vier Tage lang nicht erreichbar bin. Sämtliche Termine und Coachings kann ich verschieben. Ich erstelle einen Speiseplan, was ich kochen will, funktioniere mein Wohnzimmer zum Meditationstempel um und nutze mein Schlafzimmer als Yogaraum.
Nun sitze ich hier an Tag 3 in Stille und fühle mich sehr befreit, nicht verfügbar und nicht abgelenkt zu sein – durch WhatsApp-Nachrichten, Emails, Social Media, Netflix & Co. Jetzt geht es darum auszuhalten, HIER zu sein und “nach Hause zu kommen”. Denn meistens sind wir auf die Vergangenheit oder Zukunft fixiert. Wir regen uns über das auf, was bereits geschehen ist, oder machen uns Sorgen, was ggf. morgen passieren könnte… Ergo sind wir nicht HIER. Und obwohl ich an diesem Retreat teilnehme und offline bin, wabern immer wieder Szenen der Vergangenheit in meinem Geist herum, über die ich mich geärgert oder die ich noch nicht losgelassen habe. Da hilft nur eins, sagt unser Lehrer: “Alles hochgradig entschlossen zu tun, uns nicht vom Leben konsumieren zu lassen.” Genau das ist in den vergangenen Wochen passiert. Ich habe mein Leben nicht gelebt, sondern das Leben hat mich gelebt. Wie eine Flipperkugel bin ich in alle denkbaren Ecken katapultiert worden.
Durch diese kleine Auszeit lerne ich, wie schön es sein kann, mit mir ZU SEIN und dass ich keine Stimulanzien brauche, um mich vollständig und erfüllt zu fühlen. Und immer wenn die Stimme im Kopf wieder lauter wird, versuche ich ganz sanft zu meinem Atem und in diesen Moment zurückzukehren und der Stimme meines Lehrers zu lauschen, die sagt. “Wir können nicht alle im Kloster leben, aber wir können das Kloster in uns finden.”