Oha, das war knapp. Ich rase mit dem Fahrrad über die Ampel… und schon kommt der Bus um die Ecke gerollt. Ist doch grün und ich hab Vorfahrt, denke ich, und radle, mit Musik auf den Ohren, munter weiter…. bis der Bus an der nächsten Ampel neben mir zum stehen kommt und sich die Vordertür öffnet: “Sind Sie eigentlich bescheuert?”, schreit mich ein aufgebrachter Busfahrer an. “Sie hatten rot und ich hätte Sie fast umgenietet. Sie spinnen wohl. Wie verpeilt muss man sein….” Ich höre die Worte des Busfahrers, aber bin starr vor Schreck. Als er sein Plädoyer beendet hat, schließt er die Tür und fährt weiter.
Durch den überraschenden Verbal-Angriff stehe ich noch unter Schock und komme erst langsam wieder im Hier und Jetzt an. Als ich mich beruhigt habe, gehe ich die Situation nochmal Schritt für Schritt durch. Warum ist der Busfahrer bloß so extrem ausgerastet? Welche Ampel habe ich denn angeblich übersehen? Und plötzlich erinnere ich mich: Ich hab’ die grüne Fußgängerampel genommen, weil es so bequem war – der offizielle Abbiegefahrstreifen hatte aber rot. Kein Wunder, dass der arme Mann sich so aufgeregt hat. Jetzt kann ich seine Empörung nachfühlen. Er hatte Angst eine Fahrradfahrerin platt zu fahren. Mehr als verständlich!
Während des Streitgesprächs mit dem Busfahrer war ich nicht in der Lage zurück zu spulen und meinen Fehler zu erkennen, geschweige denn ihn mir einzugestehen. Hätte mich der Mann in einer adäquaten Art und Weise angesprochen – was er nicht konnte, weil er sich im Angst-Modus befand – wäre es mir vielleicht möglich gewesen mich zu entschuldigen. In diesem Fall war ich aber erst nach der Auseinandersetzung mit dem Geschehenen in der Lage Verantwortung für meinen Leichtsinn zu übernehmen.
Es kann also beim nächsten Mal nur besser werden – nicht nur mit dem Beachten der Verkehrsregeln – sondern auch mit dem Umgang schwieriger Situationen. Denn was für eine coole Räuberleiter wäre das gewesen, wenn ich zum Busfahrer gesagt hätte: “Sie haben total Recht. Ich hatte eigentlich rot. Es tut mir Leid“.