Silvestervormittag stehe ich an der Champagner-Bar im Alsterhaus und beobachte einen gut aussehenden jungen Mann, Anfang 30, mit Freundin und Familie. Ein bisschen gönnerhaft bestellt der junge Mann bei der zauberhaften Servicekraft eine Flasche Brut Rosé. Die Runde stößt auf den gemeinsamen Jahreswechsel an und lauscht den Karriere-Plänen des jungen Mannes, der bei seinem neuen Arbeitgeber – einem Hamburger Großkonzern – durchstarten will.
Nach einer Weile zahlt er die Rechnung über rund 90€ und legt zum Abschluss mit großer Geste Trinkgeld auf den Tresen:1,50€. „Stimmt so!“ höre ich ihn sagen…. Ich beobachte die entgleisten Gesichtszügen des Service-Personals. Was für ein Blender, denke ich. Erst dicke Backen, dann dicken Geldigel.
Rasch versuche ich die Perspektive zu wechseln und eine plausible Erklärung zu finden, warum der Champagner-Trinker so knickrig ist…. Die Wahrheit ist aber, dass die Situation etwas bei mir ausgelöst hat: Ich schäme mich fremd – so wenig Trinkgeld für so zauberhaften und zuvorkommenden Service. Das verstößt gegen meine Werte „Respekt und Anerkennung“. Gleichzeitig weiß ich jedoch auch, dass wir alle manchmal in Situationen geraten, in denen wir nicht so souverän sind, wie wir gerne sein möchten.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein erkenntnisreiches 2017.