Meine Mediationskollegin Karin hat kürzlich eine schöne Erfahrung gemacht: In ihrem Mietshaus finden seit über einem Jahr Sanierungs- und Reparaturarbeiten statt. Zum großen Leidwesen der Hausbewohner, lässt die polnische Handwerkertruppe die Haustür tagein tagaus geöffnet – das Haus ist also für ‚jedermann‘ passierbar. Verschiedene Versuche den Herren zu übermitteln, dass die offene Haustür gegen das Sicherheitsbedürfnis der Hausbewohner verstößt, sind gescheitert. Zu guter Letzt spricht Karin die Herren morgens während ihrer Frühstücksrunde persönlich an, um sich Luft zu verschaffen. „Nix verstehen“ lautet die Antwort.
Mittlerweile ist die Stimmung im Haus angespannt und die Situation schaukelt sich immer weiter hoch. Als Leserin meines Blogs stellt sich Karin die Frage, wie sie zu ihrer wertschätzenden inneren Haltung zurück findet, die ihr zwischendurch abhanden gekommen ist. War sie freundlich oder fordernd? Hat sie sich wirklich Mühe gegeben sich verständlich zu machen? Geht es nicht viel mehr um das „WIE“ und weniger um das „WAS“ wir sagen?
Karin hat eine Idee und bittet eine Freundin mit polnischen Wurzeln den folgenden Text in die Muttersprache der Handwerker zu übersetzen: „Sehr geehrte Herren, wir bitten darum, die Tür am Tag geschlossen zu halten. Vielen Dank und wir wünschen Ihnen gesunde und fröhliche Weihnachten.“ Sie schmückt den Zettel mit Weihnachtsfiguren und befestigt das Schild erleichtert und erwartungsvoll, von beiden Seiten sichtbar, an der Haustür.
Nach 10 Tagen erzählt mir Karin, dass endlich – nach einem Jahr des Ärgers und der grauen Haare – ihr Wunsch gehört wurde. Die Haustür ist seit dem geschlossen.
Gratulacje – wie’s auf polnisch heißt.